Conrad Haas

Conrad Haas, geboren 1509 in Dornbach bei Wien, gestorben 1576 (nach Florin Zaganescu: 1579) in Sibiu (Hermannstadt, Siebenbürgen; heute: Rumänien) und dessen Vorfahren „aus dem Haasenhof bei Landshut“ (Bayern) nach Österreich eingewandert waren, war ein überaus begabter Waffentechniker und Raketenpionier der Österreichischen Armee. 1551 kam der kaiserliche Zeugmeister mit den Truppen des Erzherzogs Ferdinand von Österreich unter General Giovanni B. Castaldo als Zeugwart und Büchsenmeister nach Hermannstadt, wo er die Leitung des dortigen Kriegsarsenals übernahm. Haas verblieb nach dem Rückzug der österreichischen Truppen im Jahre 1556 in seiner neuen Wahlheimat Siebenbürgen.

Haas war ein vielseitig gebildeter Mensch. Seine 35 bekannten Handschriften verraten neben soliden mathematischen, chemischen, mechanischen und physikalischen Kenntnissen auch die ausgeprägte humanistische Allgemeinbildung der Renaissance.
Zwischen 1529 und 1569 verfasste er unter anderem ein „Kunstbuch“, in dem er auf 282 Seiten die beiden damals bekannten Einsatzgebiete der Raketentechnik im Kriegswesen und als Feuerwerksträger abhandelte. Diese Handschrift wurde allerdings erst 1961, also über 400 Jahre später, im Hermannstädter Staatsarchiv entdeckt.

In diesem Werk geht Conrad Haas detailliert auf fertigungstechnische Fragen des Raketenbaus ein, erklärt das Wirkungsprinzip der Rakete und beschreibt verschiedene Typen von Raketen, u. a. die Mehrstufenrakete, wie sie aus der modernen Raumfahrt nicht wegzudenken ist, die Bündelrakete (z.B. Projekt Ariane) und hat sogar schon die Idee eines Raumschiffs. So skizziert Haas bereits ein „Häuschen“ für die Raketen, „mit dem Menschen in den Himmel hinauf geschossen werden sollen“ - und nimmt die Idee der bemannten Raumfahrt vorweg.

Weiters zeigt er in seinem Werk bereits eine Vielzahl von technischen Lösungen auf. So beschreibt er neben deltaförmigen Stabilisierungsflossen, glockenförmigen Ausströmdüsen auch die stufenweise Anordnung der Treibsätze und deren Zündfolge. Conrad Haas nahm mit seinen Beschreibungen damit vieles vorweg, was erst über 400 Jahre später erneut entwickelt und wissenschaftlich untermauert wurde.

Vor Entdeckung dieser Handschrift wurde die erste Beschreibung der Dreistufen-Rakete dem polnischen Waffenkonstrukteur Kazimierz Seminonowicz in der wohl bedeutendsten militärwissenschaftlichen Abhandlung des 17. Jahrhunderts, der „Ars magna artilleriae pars prima“ von 1650, zugesprochen. Conrad Haas „aus Dornbach bei Wien“ und über 100 Jahre früher zu datieren, darf somit als ältester belegter Entwickler von Mehrstufen- und Bündelraketen, wie sie in der modernen Raumfahrt tatsächlich zum Einsatz kommen, genannt werden!

Im letzten Absatz des Kapitels über militärische Raketen hinterlässt uns der begnadete Waffentechniker und dennoch überzeugte Humanist Conrad Haas aber ein starkes Bekenntnis zum Frieden: „Aber mein Rath mehr Fried und kein Krieg, die Büchsen do sein gelassen unter dem Dach, so wird die Kugel nit verschossen, das Pulver nit verbrannt oder nass, so behielt der Fürst sein Geld, der Büchsenmeister sein Leben; das ist der Rath so Conrad Haas tut geben.“


Literatur & Abbildungen:  Hans Barth; „Conrad Haas - Raketenpionier und Humanist“ (Verlag Johannes Reeg, Heilbronn; 2005) ISBN 3-937320-55-5

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